6.11.2006 (eigentlich Urlaub Aug./Sep. 06) |
Die griechische Seele
Zehn Mal bin ich nun in Griechenland gewesen, insgesamt 49 Wochen, also fast ein Jahr. Und endlich, so glaube ich, ist es mir gelungen, die griechische Seele zu entschlüsseln. Ich habe sie auf eine Formel gebracht, die sich auf alle Situationen des Lebens anwenden lässt. Es ist nicht das „Sommer, Sonne, Strand-Lebensgefühl“, auch nicht das allerorten zu hörende „siga, siga“, also „langsam, langsam“, das trifft den Griechen nicht wirklich, es wird dem Touristen nur vermittelt, damit er besser entspannen kann – und damit der Kellner weniger Stress bekommt. Womit wir zum Übertrag kommen, denn damit ist alles Wasser, „nur“ Wasser. Auch alles Neue! Alles halb so wild, nichts, was einem Angst machen müsste, und so hat jeder Greis im Kafenion in der einen Hand das Koboloi, in der anderen das Handy und so springt der Grieche wie ein Reh zwischen den fahrenden Autos hindurch über die Straße. (Autos nehmen in diesem Konstrukt allerdings eine Sonderstellung ein, auf die ich später zurück komme.) Wasser ist also das Lebenselement der Griechen. Lebensgrundlage und Lebenseinstellung. Und natürlicher Feind von Eisen und Öl. Diese beiden kommen aber im Auto zusammen. Und deshalb sind Autos dem Griechen erst mal suspekt. Sicher, er will eins haben, er ist ja weltoffen, er pflegt es, war ja teuer genug, aber er verachtet es. Er verweigert ihm jeden Respekt in den Straßen, springt zwischen diesen widernatürlichen Dingern her, wenn er die Straßenseite wechseln will und baut ihm nicht mal ordentliche Wege, der Asphalt wirft Falten und zerbröselt dann zu Schlaglöchern und Rollsplitt.. Er fährt aber auch nicht gerne mit dem Auto. Sicher, er tut es, ist ja bequem, aber sobald der Motor aufheult, will der Grieche so schnell wie möglich wieder aussteigen. Daher muss er aufs Gaspedal treten und schnell ankommen. Und letztlich schafft es der Grieche, Eisen und Öl dem Wasser unterzuordnen. Der Verkehr wird zum Fluss, Schlaglöcher zu Stromschnellen. Autos fädeln sich an Engstellen fließend ineinander, Verkehrsregeln werden den Regeln des Wassers geopfert, der stärkere Durchfluss hat Vorrang, ab und zu bleibt Platz für einen Nebenfluss und wer zuerst da ist, fließt/ fährt zuerst. Es ist eben alles doch nur Wasser, das wir trinken, verschütten, leben. Der Grieche lässt ihm seinen Lauf, viel ändern kann er letztlich sowieso nicht. Diese Erkenntnis macht ihn so gelassen. Und diese Gelassenheit macht ihn so zufrieden. Zufrieden mit dem, was er hat. |