15.8.2005
Vielen Dank für Ihr Verständnis

Ich bin mal wieder auf der Autobahn unterwegs. Das bringt eine Beziehung auf Entfernung nun mal mit sich. Die Sonne brennt herrlich, ein Cabrio wäre jetzt prima. Ne Klimaanlage hab ich nicht, wenn ich das Fenster öffne, kann ich meine Musik nicht mehr hören. Naja, dann lasse ich mir eben von der Lüftung die Augen trocken pusten. Hauptsache Sonne...
Aber was ist das? Überholt da schon wieder ein LKW einen Kollegen und bremst damit die nächsten 300 nach ihm kommenden PKWs aus? Nein, ein Stau. Super. Im Verkehrsfunk nennt sich sowas "zähfließender Verkehr". Hilft mir nicht weiter. Mir ist heiß. Ich hab keine Lust, hier meine Zeit zu vertrödeln! Immerhin kann ich das Fenster wieder runter kurbeln. Ach, dieser würzige Duft nach frischem, heißem Diesel! Da kommen Erinnerungen hoch!
Irgendwann bin ich dann da angekommen, wo der Stau beginnt. Eine "Baustelle". Lustige Schilder im rot-weißen FC-Design stehen todesmutig dicht an den vorbeirollenden Autos, halten einen Streifen Autobahn frei, auf dem keine Menschenseele zu sehen ist. Alles klar. Etwas später, die "Baustelle" ist passiert, ich kann wieder Gas geben, steht es rotzfrech da: Das Schild mit der Aufschrift "Vielen Dank für Ihr Verständnis".

Ich bin in Köln unterwegs, es regnet, deshalb fahre ich mal Bahn. Das Wartehäuschen ist gefüllt mit Wartenden. Na gut, dann werd ich eben nass, die Bahn kommt ja gleich. Da sehe ich die Durchlaufschrift: "Wegen Unfähigkeit unseres Planungsbüros haben die Bahnen der Linie XY 20 Minuten Verspätung. Vielen Dank für Ihr Verständnis."

Mir reichts. Ich kann mich noch erinnern, dass früher einmal um Verständnis gebeten wurde. Und ganz früher, man kann es sich heute kaum mehr vorstellen, wenn man es nicht selbst erlebt hat, da wurde um Entschuldigung gebeten! Aber diese Zeiten sind offenbar vorbei. Wer heute kein Verständnis hat, hat eben Pech gehabt.
Irgendwie ist das doch auch wieder ein Symptom der Servicewüste, in der wir verdursten. Ein schlauer Mensch hat neulich im Fernsehen zu bedenken gegeben, dass, solange es uns auffällt, wenn wir gut bedient wurden, etwas schief läuft, da wir uns offensichtlich an das schlecht bedient werden als Normalzustand gewöhnt haben. Ich habe da kein Verständnis mehr für. Besonders nicht, wenn es von mir, quasi als Bürgerpflicht, stillschweigend vorausgesetzt wird.
Und irgendwann fällt mir auch noch ein, wie ich mich dagegen wehren oder zumindest rächen kann.