26.5.2006
VHS-Kurse

Irgendwann tu ich’s einfach. Irgendwann ist es soweit. Dann drucke ich kleine Flugblätter mit Werbung für einen imaginären VHS-Kurs, die ich dann vielen Menschen in die Hand drücke, die mich immer wieder nerven!
Ich stelle mir das folgendermaßen vor:

Dozenten gesucht!


Die VHS bietet neue Kurse an, sucht dafür aber noch Dozenten!
Es geht um folgende Themen:

1) Im Weg stehen – Anfängerkurs: Mit Hilfsmitteln oder in Gruppen
2) Im Weg stehen – Fortgeschrittenenkurs: Ohne Hilfsmittel, allein
3) Im Weg stehen – Profikurs: Mit Hunden und in Bewegung auf größeren
Flächen

 

Möglichen Dozenten begegne ich fast täglich. Leider.

Hier ein Beispiel für den Anfängerkurs:
Ich gehe durch die Stadt, der Bürgersteig ist locker drei bis vier Meter breit, nur wenige Menschen sind unterwegs. Ich komme also gut durch, bis, ja, bis zu dieser jungen (ersatzweise älteren) Frau, die sich mit einer Freundin (ersatzweise Nachbarin) unterhält, dabei ihren Kinderwagen (ersatzweise Einkaufs-hinterher-zieh-Rollwagen) festhält. Alles ordentlich nebeneinander, quer über den ganzen Weg aufgereiht. Kein Vorbeikommen.
Manchmal, wenn dann doch noch ein enger Durchlass freigeblieben ist, fühle ich mich schon zu der Bemerkung herausgefordert: „Entschuldigung, aber das können sie doch besser. Hier ich noch ein Stückchen frei, es könnte noch jemand durch kommen!“

Ein Beispiel für die Fortgeschrittenen:
Sie sind schon seltener, aber man muss vor ihrer Kunst staunend anhalten. Und wenn nicht staunend, dann weil sie einen eben nicht durchlassen.
Ich bin mit dem Rad unterwegs, fahre den Rhein entlang. Der Weg ist gute zwei Meter breit, eigentlich kein Problem, sogar überholen ist leicht möglich (was auf den sonst üblichen, viel zu engen Kölner Radwegen nicht der Fall ist).
Aber was ist das? Da geht jemand so geschickt in Zick-Zack-Linien, dass man nicht vorbei kommt. Noch schöner, ja eleganter, wenn derjenige auf der Stelle immer hin und her läuft. Es gibt Experten, die machen das so geschickt, dass es noch nicht einmal unnatürlich aussieht. Da unterhält man sich z.B. mit jemandem, der leider nicht mit im Weg stehen will, also lacht der Fortgeschrittene einfach sehr herzhaft und wird vom Rückstoß des eigenen Lachens immer wieder einpaar Schritte rückwärts getrieben, krümmt dabei den Oberkörper nach vorn, und kann so geschickt noch mehr Raum versperren. Dann wieder vorgehen und das Ganze von vorn beginnen. Das ist schon die höhere Kunst des im-Weg-Stehens! Beeindruckend!

Aber doch trotzdem nichts gegen die schichte Perfektion eines Profis!
Wie viel Zeit muss dieser Mann (er hat sicher nichts anderes mehr zu tun) geübt haben, um diese Stufe zu erreichen? Ich begegne ihm (leider) öfters auf dem Weg zur Arbeit. Er steht da, unbeirrbar, auf der Weggabelung, hat dabei seine zwei Hunde so dressiert, dass sie in entgegengesetzte Richtungen laufen, um im Unterholz zu schnuppern. Und mit den kaum sichtbaren, entrollten Leinen versperren sie zwei der drei hier zusammen kommenden Wege – und damit den dritten gleich mit. Hochachtung, mein Herr, allein das Kunststück ist schon beachtlich, aber erst Ihre Haltung dabei, wie Sie ganz ruhig bleiben, wenn jemand durch die Sträucher am Wegesrand ausweichen muss! Das ist ganz groß! Besonders muss hier auch hervorgehoben werden, dass diese Art des Im-Weg-Stehens noch die Chance beinhaltet, in der Dämmerung einen Radfahrer, dieses lästige Pack, vorübergehend aus dem Weg zu schaffen. Diese Hundeleinen bieten so viel Spaß!
Das wird nur noch durch die zwei Jungs übertroffen, denen ich neulich begegnen durfte. Sie fuhren vor mir nebeneinander einen Waldweg entlang. Nichts besonderes, ihre Größe zeigte sich erst, als ich heran kam. Auf mein zweites Klingeln drehte sich einer von ihnen um, sagte: „oh!“ und reagierte sonst nicht. Sowas nenne ich (Im-Weg-) Stehvermögen! Ich war begeistert! Das sind Profis und wir können uns alle etwas von Ihnen abgucken!

Leider frage ich mich dabei schon wieder, ob für diese Kurse überhaupt Nachfrage besteht. Dozenten stehen an jeder Ecke, aber die möglichen Teilnehmer werden immer weniger. Aber egal, irgendwann tu ich’s einfach!

 

PS: Noch ein Hinweis an alle, die sich in einer der beschriebenen Personen wiederfinden:

Entweder Ihr macht was aus Eurem Talent oder geht gefälligst das nächste Mal zur Seite!!!